Überraschung mit dem Ball

Eigentlich hätten die Kelkheimer Jungs gar nicht so weit kommen dürfen. Ein achter Platz wäre für die zwölf- bis 15-jährigen Handballer schon ehrenvoll gewesen. Und doch sind sie jetzt als deutscher Vizemeister aus Berlin vom Bundesentscheid bei Jugend trainiert für Olympia heimgekehrt. Hier standen sich die 16 besten Schülerteams gegenüber — aus jedem Bundesland eine.

Der 14-jährige Niklas steht wohl wie kein anderer für die Außenseiterstellung der Mannschaft. Wobei Mannschaft auch schon ein zu großes Wort ist. Die Teenager stammen aus zwei Handballvereinen, dem TSG Münster und dem TSG Niederhofheim, und aus acht verschiedenen Klassen. Trainiert haben sie vor den Wettkämpfen nie zusammen. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie Schüler der Eichendorffschule sind.

Niklas gehört keinem der beiden Vereine an. Seine Handball-Erfahrungen beschränken sich auf eine Schul-AG. Aber das Team brauchte noch einen zehnten Spieler mit Mut — ohne Angst vor harten Bällen. Und so stand Niklas in Berlin für die Kelkheimer im Tor.

Auf der anderen Seite des Spielfeldes formierten sich eingespielte Mannschaften von Leistungssportzentren. Der Kelkheimer Mix musste sich mit Spielern aus dem Bundesliganachwuchs-Kader messen. Warum sie trotzdem so erfolgreich waren, wissen sie selber nicht so recht. Mit „Teamgeist“, „Motivation“, „ein bisschen Losglück“ versuchen sie, Antworten zu finden.

Irgendwie hängt es sicher auch mit dem handball-freundlichen Klima in Kelkheim zusammen. Die Sportart hat hier eine lange Tradition. Wenn andernorts die Kinder mit fünf, sechs Jahren dem Fußballverein beitreten, zieht es den Nachwuchs hier mit dem Ball in der Hand in die Hallen. „Handball ist viel schneller und körperbetonter“, sagt Hendrik, mit zwölf Jahren der jüngste der Vizemeister. Der TSG Münster wurde für seine „exzellente Jugendarbeit“ mit einem ligaübergreifenden Gütesiegel ausgezeichnet. Die Herrenmannschaft des Vereins spielt in der Bundesliga.

Auch die Eichendorffschule, die eigentlich ihren Schwerpunkt auf dem musikalischen Bereich setzt, hat sich dem Handball verschrieben. Seit zwei Jahren unterrichtet ein Sportlehrer an der Schule, der selber aktiver Handballer ist. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Zusammenarbeit mit dem Sportverein zu fördern.

Und so teilen sich Schule und TSG Münster nicht nur die Hallenzeiten der Schulsporthalle. Trainer des TSG trainieren die Schüler während des regulären Sportunterrichts. Zu Wettkämpfen werden die Gymnasiasten freigestellt. Und angesichts des jüngsten Erfolgs sind Verein und Schule daran interessiert, die weitere Zusammenarbeit zu intensivieren.