Zehnmal feiner als ein Haar
vom 22.06.2013
Kleine Teilchen in der Nase: Die Umwelt-AG der Eichendorffschule geht der Staub-Problematik auf den Grund.
In Kooperation mit der Bürgerstiftung habe die jungen Forscher ein zentrales Thema aufgegriffen.
Es gibt kaum ein Thema, das medial so präsent und gleichzeitig so schwer zu fassen ist wie der Feinstaub. Die 2012 gegründete Umwelt-AG der Eichendorffschule hat sich seit den Sommerferien intensiv mit der Materie befasst. Die Ergebnisse wurden nun im Rahmen einer kleinen Ausstellung präsentiert. Auf dem Weg dahin hatten die Jungforscher allerdings einige Hürden zu meistern.
„Die größte Schwierigkeit stellte zunächst die Messung an sich dar“, erklärt Ferenc Ecknig, der als Pollenallergiker extra motiviert war. „Am Anfang haben wir verschiedene Methoden getestet“, so der Abiturient, „etwa die Kombination aus Staubsaugern und Kaffeefiltern“. Eine äußerst kreative Herangehensweise - leider aber auch zu ungenau. Das braune Papier der Filter und deren feine Strukturen ließen eindeutige Messergebnisse nicht zu. Auch die Versuche mit Tesa-Film oder gar Honig und Sirup waren wegen der Fingerabdrücke oder verfremdenden Schmutzpartikel nicht zufriedenstellend. Zum Glück wusste das Team mit der Werkstatt der Universität Frankfurt einen kompetenten Partner zur Lösung auf seiner Seite.
Dort wurde speziell für die Umwelt-AG ein Messgerät mit Membranpumpe und geeigneten Filtern gebaut. „Diese sind natürlich nicht so präzise wie die teils riesigen Messgeräte der Profis“, räumt Tim Heider ein. Neben ihm und Ferenc Ecknig sind noch Clemens Beier, Lukas Schauder und Maximilian Schubert in der AG dabei.
Dafür waren die eigenen Geräte handlich genug für Feldversuche. Der Kontakt zur Hochschul-Werkstatt wurde durch Professor Horst Schmidt-Böcking möglich. Der Kelkheimer war als ehemaliger Mitarbeiter der Fakultät sowie als Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung ein wertvolles Bindeglied. „Man sieht daran, dass nicht nur finanzielle Unterstützung wichtig ist, sondern auch ein gutes Netzwerk“, erklärt Betreuer Jan-Dirk Niehoff.
Nachdem nun der Messvorgang bewältigt war, ging es an die Auswertung. Zunächst musste ein analoges Mikroskop herhalten. „Das konnten wir aber nur an den Dia-Projektor anschließen und mussten die Feinstaubpartikel von Hand auslesen“, stöhnt Ferenc Ecknig. Um einiges komfortabler war das Arbeiten dann mit den neuen USB-Mikroskopen. Diese lieferten die Messaufnahmen direkt an den angeschlossenen PC, und dort übernahm ein Grafikprogramm die diffizile Auswertung. Schließlich sind die Feinstaubpartikel etwa zehnmal feiner als ein menschliches Haar - und das sind noch die größeren „Brocken“. Diese kann der Mensch dank feiner Härchen in Nase und Rachen noch selbständig filtern und dann per beherztem Schnäuzen oder Räuspern wieder ausstoßen. Kleinere Teilchen setzten sich in den Atemwegen fest oder gelangen sogar in die Blutbahn und von dort in die Organe.
Bluthochdruck und Infarkt
„Daraus können Bluthochdruck und sogar Herzinfarkte resultieren“, bestätigt Professor Thomas Eikmann die Recherche der Umwelt-AG. Der Experte vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Uni Gießen stattete der Eichendorffschule für einen Vortrag zum Thema einen Besuch ab - und zeigte sich vom Engagement der Umwelt-AG begeistert. „Der Feinstaub ist ja in aller Munde, dennoch kann man ihn weder riechen noch schmecken“, erklärt Eikmann, „da ist es toll, wenn man nicht nur drüber redet, sondern selbst einmal nachmisst“. Ein vergleichbares Projekt sei ihm an anderen Schulen bisher noch nicht bekannt. Eine größere Gewichtung im Unterricht sei aber eine lohnenswerte Sache. „Noch ist der Zusammenhang zwischen Feinstaub und etwa einer Herzerkrankung für die meisten nicht nachvollziehbar“, betont Eikmann. Die Hauptschuldigen für die Luftverschmutzung sind aber bekannt: „Neben Hausbränden oder Kaminen liefert der Kraftfahrzeugverkehr die höchste Belastung.“
Und genau diese vielen Autos, die sich jeden Tag durch Kelkheim schleppen, sind ein Problem. Daher haben die Politiker beim Vortrag sicher genau zugehört, denn das Thema Verkehrsentlastung ist ein Großes - und könnte demnächst wieder auf die Tagesordnung kommen, wie zu hören war.
(Robin Kunze)