"Wer mobbt, hat selbst ein Problem"
vom 25.01.2012
Mobbing: Schulpsychologe Harald Weber über Täter, Opfer und die Folgen von Hilflosigkeit
Herr Weber, warum mobben Schüler?
Meist geht es um Selbstwert- und Akzeptanzprobleme. Wer mobbt, hat selbst ein Problem. Er will sein Selbstwertgefühl verbessern, leidet eventuell unter Leistungsdruck oder sieht in einem anderen einen Konkurrenten. Vielleicht will er an seinem Mitschüler auch einfach nur sein Ego aufpolieren. Wer wegsieht und nicht hilft, macht sich auch schuldig.
Wie wird jemand zum Opfer?
Das passiert zufällig. Es kann jeden treffen. Es trifft allerdings leichter jemanden, der sich Angriffe schneller zu Herzen nimmt und in seinem Umfeld keine Unterstützer hat. Auch wer auf irgendeine Art anders erscheint, sei es zum Beispiel weil er neu in der Klasse oder besonders klug ist, wird leichter zum Opfer.
Was löst Mobbing bei Jugendlichen aus?
Bei vielen stellt sich ein Schulabsentismus ein, das heißt sie kommen immer seltener zum Unterricht. Sie ziehen sich zurück, trauen sich kaum noch auf den Schulhof, meiden den Sportverein und treffen sich nicht mehr mit Freunden. Das kann eine Angststörung zur Folge haben bis hin zur Depression. Suizidgedanken haben eine ganze Reihe von Jugendlichen. Doch nur die wenigsten setzen ihn um.
Welche Folgen kann Mobbing auf die Entwicklung von Jugendlichen haben?
Es kann sich dauerhaft eine depressive Störung einstellen. Die größte Gefahr besteht dann, wenn niemand dem Betroffenen hilft. Ein Problem ist, dass sich die meisten Opfer erst im Erwachsenenalter für eine Therapie entscheiden. Für Jugendliche ist das eher noch unüblich. Sie suchen Hilfe erst auf, wenn es bereits zu psychischen Störungen gekommen ist.
Ab wann empfehlen Sie eine Therapie?
Sobald jemand es will. Die eigene Motivation ist entscheidend für den Erfolg. Sie bringt nichts, wenn einer nur auf Wunsch der Eltern daran teilnimmt.
Wie gehen Psychologen vor?
In der Therapie geht es dann darum, mit dem Jugendlichen Ziele zu entwickeln, damit das Opfer aus der Hilflosigkeit rauskommt und wieder positive Seiten an sich entdeckt. Am Wichtigsten ist es, dass der Gemobbte wenigstens einen Erwachsenen hat, dem er vertrauen kann. Deshalb ist es auch so wichtig dieses Thema auf die Elternabende zu bringen.
Das Interview führte Jennifer Hein