Umstrittene Umfrage
vom 13.04.2012
Kelkheim: Reines Gymnasium oder kooperative Gesamtschule mit G 9 — Eltern sind sich nicht einig
In welcher Form soll in Zukunft an der Eichendorffschule mit ihren zwei Standorten in Münster und Fischbach gelernt werden? Nachdem die CDU-Fraktion die Diskussion über ein reines Gymnasium in Kelkheim ins Rollen gebracht hat, streiten sich nun die Eltern. Es geht um die Auslegung einer Umfrage.
„G 9 in Fischbach und Gymnasium in Münster — Kelkheimer Grundschuleltern sind sich einig“ titelt Martina Lenz, Vorsitzende des Elternbeirats der Eichendorffschule, eine Erklärung der Elternvertreter. Laut einer von ihr initiierten Umfrage an den Kelkheimer Grundschulen lehnten die Eltern von Haupt- und Realschülern eine Haupt- und Realschule sowie eine kooperative Gesamtschule mit G 8 mit einer deutlichen Mehrheit ab. Sie könnten sich aber eine kooperative Gesamtschule mit G 9 vorstellen. Eltern von Gymnasialschülern hätten sich dagegen für ein grundständiges Gymnasium sowie eine kooperative Gesamtschule ausgesprochen.
„Es gibt Zweifel an der Seriosität der Umfrage“, heißt es nun von anderen Eltern. Nadine Cromme, Andrea Rieß und Sigrid Vollert haben sich mit einem Schreiben an Schuldezernent Wolfgang Kollmeier, Kelkheims Bürgermeister Thomas Horn (CDU), an die Fraktionen im Stadtparlament und im Kreistag sowie die Schulelternbeiratsvorsitzende gewandt. Aus ihrer Sicht rechtfertigten die Umfrageergebnisse „keineswegs die Einrichtung eines Gymnasiums über die bestehenden Gymnasialangebote hinaus“. Aus der Tabelle ergebe sich, dass 217 aller Gefragten eine kooperative Gesamtschule mit G 9 und nur 179 ein reines Gymnasium bevorzugten.
Cromme, Rieß und Vollert kritisieren, Eltern hätten bei der Umfrage im Internet theoretisch mehrfach abstimmen können, was das Ergebnis verfälscht hätte. Zudem wüssten viele Eltern nicht, dass eine neunjährige Gymnasialzeit — für die sich viele aussprechen — nur in einer Gesamtschule möglich sei. Die ganze Diskussion habe „zu einer großen Verunsicherung in der Elternschaft geführt“, sind sich die drei Mütter einig.
Ein weiteres Problem sehen sie in der Raumaufteilung. Wollten alle Kinder mit Haupt- und Realschulempfehlung und alle, die auf eine Gesamtschule wollten, nach Fischbach, käme eine Schülerzahl von 1000 zusammen. Derzeit würden in Fischbach lediglich 500 Schüler unterrichtet. Sie halten es für besser, wenn die Gesamtschulen an beiden Standorten blieben — am liebsten mit G 9. Ihrer Meinung nach, gäbe es genügend reine Gymnasien in der Umgebung.
Martina Lenz hält es für unwahrscheinlich, dass viele der Eltern mehrfach online abgestimmt hätten, auch über die verschiedenen Schulformen sei im Vorfeld der Umfrage informiert worden, sagt sie. Räumliche Probleme sieht sie auch. Diese könnten aber, wie derzeit in Münster, mit Containern überbrückt werden. Dass Cromme und ihre Mitstreiterinnen die Umfrage anders auswerteten, läge daran, dass sie sich auf andere Gruppen bezögen als die Elterninitiative. Lenz zählte die Stimmen von Eltern zusammen, die ein reines Gymnasium als „optimal“ oder „gut geeignet“ bewertet hatten, das wären 82 Prozent. Die gleichen Kriterien kreuzten nur 72 Prozent der Befragten bei einer Gesamtschule an. Zudem lehnten nur 5 Prozent ein Gymnasium kategorisch ab, aber neun Prozent sprachen sich gegen die Gesamtschule mit G9 aus. Cromme habe sich nur auf die Werte bezogen, die mit „optimal“ bewertet wurden, sagt Lenz. „Ich finde es bedauerlich, dass Frau Cromme nicht vorher mit mir gesprochen hat“, sagt sie. Sie spreche nur für eine kleine Gruppe von Eltern, von großen Gräben in der Elternschaft könne keine Rede sein.
Idee verworfen
Nachdem die CDU-Fraktion, die Idee eines reinen Gymnasiums für Kelkheim aufgeworfen hatte, äußerten sich SPD und UKW bei der vergangenen Sitzung des Stadtparlaments äußerst kritisch. Albrecht Kündiger (UKW) sprach von einem „verhängnisvollen Weg“. Auch Katrin Wagner (SPD) sieht keine Not, die Schulsituation in Kelkheim in Frage zu stellen. Weder Schüler noch Eltern wünschten sich eine Veränderung. Die FDP stellte sich auf die Seite des Koalitionspartners. Sie schlägt vor, den Standort in Münster als reines Gymnasium mit G 8 zu führen und in Fischbach eine additive Gesamtschule mit G 9 anzubieten.
Elternbeiratschefin Lenz bereitet gerade eine zweite Umfrage vor. Eltern und Schüler der Eichendorffschule sollen ihre Schule bewerten. Mitte Mai liegen die Ergebnisse vor. Bei einer Podiumsdiskussion soll das Thema erneut besprochen werden. Der Termin steht noch nicht fest.