Papa auf Probe: echt anstrengend! 

logo_presse_hk vom 04.10.2012

Vier Tage lang rund um die Uhr haben sich Eichendorffschüler um Baby-Simulatoren gekümmert

Für die Teilnehmer des ungewöhnlichen Projekts gab es keine guten Noten und auch keine Pluspunkte. Aber alle konnten ganz wichtige Erfahrungen im Umgang mit kleinen Kindern sammeln.

Nico hat seine Bianca richtig ins Herz geschlossen: "Wenn sie ruhig ist, ist sie ganz süß", sagt der 14 Jahre alte Papa auf Probe. Zudem mache sie süße Glücksgeräusche, wenn sie trinke und lache so schön. Froh ist der Siebtklässer dennoch, dass er Bianca jetzt abgeben kann und wieder in sein normales Leben als Schüler der Eichendorffschule (EDS) zurück kann. Durch die Zeit mit Bianca weiß er aber jetzt, dass er aber später auf jeden Fall irgendwann Kinder haben möchte. Zu 99 Prozent, so vermeldet es der Computer nach vier Tagen, hat er das Baby gut versorgt. Nur einmal letzte Nacht gegen 1:30 Uhr in der früh, hat er mal nicht richtig reagiert. Für einen 14-Jährigen — und wohl auch für so manchen Erwachsenen — ist das dennoch ein Top-Ergebnis.

Keine Pause

Es ist eine ungewöhnliche Aufgabe, der sich elf Schülerinnen und Schüler der Eichendorffschule vier Tage lang gestellt haben: Die Neuntklässler hatten die Möglichkeit, mit so genannten Babysimulatoren auszuprobieren, wie es ist, wenn man rund um die Uhr für ein anderes menschliches Lebewesen da sein muss, das völlig auf einen angewiesen ist. Dabei waren es keine Puppen, mit denen sie zu tun hatten, sondern Simulatoren, die ausgestattet mit verschiedenen Programmen, wie ein sechs Wochen alter Säugling, gefüttert, gewickelt und gewiegt werden wollten. Manche waren relativ pflegeleicht, andere als "Schreibabys" programmiert. Zudem zeichneten die Simulatoren auf, wie sie behandelt wurden: Hielt einer der Schüler das Köpfchen nicht richtig oder war zu grob, schrie der Babysimulator laut auf und registrierte den Vorgang mit Datum und Uhrzeit auf einem Chip, der nach den vier Tagen, in denen die Kinder die Babysimulatoren hatten, ausgelesen wurde.

Sehr gute Ergebnisse

Einen anderen Nutzen, außer die Erfahrung gemacht zu haben, hatten die vier Jungs und sieben Mädchen nicht. Weder konnten sie ihre Note in einem Fach verbessern oder irgendwelche Pluspunkte sammeln. Für Victoria war trotzdem von Anfang an klar, dass sie teilnehmen will. "Meine Mama hat sich immer um meine kleinen Geschwister gekümmert, ich habe nur zugeschaut, wenn sie sie gewickelt und gefüttert hat", erzählt die 14-Jährige. Das Baby-Projekt war ihre Chance, selbst mal in die Mutterrolle zu schlüpfen. "Mir hat es total Spaß gemacht", sagt die Schülerin der R 9 b. 97 Prozent hat sie bei der Pflege von Grace erreicht und liegt damit im Schnitt der Gruppe, deren beste Teilnehmer sogar 100 Prozent erreicht haben.

Aus Sicht von der Expertin Sandra Brüning ist dies ein sehr gutes Ergebnis. Sie arbeitet für das Programm "Babybedenkzeit" vom Kompetenzzentrum Wiesbaden, das die Babysimulatoren für solche Projekte vergibt und hat die Mamas und Papas auf Probe gemeinsam mit den EDS-Lehrerinnen Claudia Marnet und Annette Seebald begleitet.

Ziel des Projektes ist es nicht, wie die Leiterin des EDS-Standortes Fischbach Marion Polydore betont, den Schülern vor dem Kinderkriegen Angst zu machen. "Wir wollen niemanden abschrecken", erklärt sie. "Nur sollte es eine absolut bewusste Entscheidung sein." Mit den Babysimulatoren sollen die Jugendlichen einen Eindruck vom Alltag mit einem Baby erhalten. Zudem mussten sie sich als Hausaufgabe unter anderem über Unterstützungsmöglichkeiten und Alternativen für Frauen informieren, die ungewollt schwanger geworden sind.

Es ist das siebte Mal, dass die EDS dieses Babyprojekt angeboten hat und es ist laut Claudia Marnet immer noch sehr beliebt bei den Schülern aller Schulzweige. Gelernt haben die Teilnehmer auch, dass sie aufpassen müssen, wem sie ihr Kind anvertrauen. So manchen Minuspunkt hatten sogar Eltern und Großeltern verursacht, die zwar den Umgang mit Babys gewohnt sind, doch die Empfindlichkeit der Simulatoren unterschätzt und sie ein wenig rau behandelt haben.

Nico und Victoria sind sich sicher, dass sich das Projekt für sie gelohnt hat. In ihrem Alter, da sind sich beide einig, wollen sie zwar noch kein Kind. Aber, sagt Victoria mit strahlenden Augen, wenn sie erstmal ihren Abschluss, ihre Ausbildung und den richtigen Partner habe, könne sie sich gut vorstellen, Nachwuchs zu bekommen.

(Melanie Taylor)