Offener Brief des Schulleiters


Offener Brief
an Herrn Dr. Markus A. Bock (CDU Kelkheim)


Kelkheim, 22.06.12

Sehr geehrter Herr Dr. Bock,

Diplomaten sprächen in diesem Zusammenhang wohl davon, dass gewisse Äußerungen sie irritieren; im Klartext heißt das allerdings dann „ärgern“ oder zumindest doch „kopfschüttelnd verblüffen“.

Gegenüber dem Höchster Kreisblatt (vgl. Ausgabe v. 22.06.12) haben Sie sich – in Ihrer Funktion bei der Kelkheimer CDU – über die Zukunft der von mir geleiteten Schule geäußert. Dass Sie nie mit mir darüber ein Gespräch gesucht haben, ist das eine; was Sie dann aber von sich geben, das andere:
In erstaunlicher Distanz zu konkreter Schultradition sowie zu unserem derzeitigen Schulprofil entwerfen Sie
nach Gutdünken und gleichsam am Reißbrett die Zukunft zweier Schulen.

  • Der Schwerpunkt Musik, mit dem wir uns im ganzen Main-Taunus-Kreis inzwischen einen Namen gemacht haben, spielt bei Ihren Überlegungen offenbar gar keine Rolle. Das ist absurd!
  • Der Schulname, seit 40 Jahren in Münster verankert, geht mal schnell nach Fischbach? Ach so.
  • Für die Fischbacher Schule selbst schlagen Sie den Schwerpunkt Sport vor und übersehen offenbar, dass schon bei der derzeitigen Schülerzahl die räumlichen Kapazitäten im Sportbereich kaum ausreichen. (Erweiterungen sind hier m. W. nirgends angedacht, geschweige finanziell durchkalkuliert.)
  • Eine bauliche Erweiterung in Fischbach sei finanziell günstiger als der Neubau eines Gymnasiums. Wo bekämen Sie denn die Schülerinnen und Schüler her, die eine zusätzliche, dritte Schule füllen? Für ein funktionierendes Gymnasium sind mindestens 800 Schülerinnen und Schüler erforderlich. Oder gehen die dann einfach nicht mehr auf die bereits bestehenden zwei Kelkheimer Schulen, an denen sie bisher ja aber mit Unterricht versorgt werden konnten?
  • Eine technisch-wirtschaftliche Ausrichtung am Standort Münster? Wer realisiert Ihnen das denn?

Im Schulalltag ist Verantwortung immer wieder ein großes Thema, weil Schülerinnen und Schüler Verantwortung erlernen müssen. Erwachsene aber haben sie wahrzunehmen, Politiker zumal.

Mit Ihren Äußerungen leisten Sie unserer Schule einen Bärendienst, vielleicht auch dem Ansehen der Kommunalpolitik. Was sollen Eltern künftiger Schülerinnen und Schüler denken, nachdem Sie Ihre Überlegungen kennengelernt haben? Sicherheit und klare Perspektive für die Zukunft ihrer Kinder ist für Eltern doch das Allerwichtigste. Sie selbst aber, Herr Dr. Bock, stellen mit Ihren Äußerungen alles Bewährte infrage und entwerfen munter drauf los Schulszenarien, die schon auf den ersten Blick einer kritischen Prüfung nicht standhalten. Das „irritiert“.

Volker Stender-Mengel

Schulleiter der Eichendorffschule