Mit Smarties Tischmarnieren lernen
vom 21.05.2011
Die richtigen Umgangsformen machen das Leben leichter. Brigitte Heppenheimer bringt sie den Schülern mit ungewöhnlichen Mitteln bei.
Smarties mit Messer und Gabel essen? Das hätte wohl selbst der Freiherr Knigge nicht von seinen Sprösslingen verlangt. Den Zweck dieser Übung wiederum hätte er vermutlich begrüßt. "Smarties essen ist eine Kunst", erklärt Brigitte Heppenheimer. Wenn man dies könne, so die Benimm-Expertin, bereiteten einem Erbsen, für welche die bunten Süßigkeiten stünden, keine Probleme mehr.
Einen Tag lang trainierte die 54-Jährige die siebte Hauptschulklasse der Eichendorffschule. Neben den Tischmanieren standen allgemeine Umgangsformen auf dem Programm. Besprochen wurden Fragen wie: Was ist Höflichkeit und wozu braucht man sie? Wie stelle ich mich jemandem, etwa bei meinem ersten Treffen mit einem potenziellen Arbeitgeber, adäquat vor? Wie wirke ich durch meine Körperhaltung auf andere?
Das Ganze ist Teil des Projektes "Höflichkeit zahlt sich aus", das die Schule mit Unterstützung des Kiwanis Club Wiesbaden für die Hauptschüler organisiert hat. Höhepunkt der Woche wird ein mehrgängiges Menü sein, das die Schüler für ihre Mitschüler zubereiten. Wie bei der Fernsehsendung "Das perfekte Dinner" soll hier alles möglichst rund laufen, gut schmecken und schön angerichtet sein. Und zum perfekten Dinner gehören eben auch gute Tischmanieren.
Neues lernen
"Es ist schon sehr weit weg für die Schüler. Aber die Frau trifft den richtigen Ton", sagt Schulsozialarbeiterin Aspe Rosenberg zum Knigge-Kurs. Die Sozialpädagogin ist selbst gelernte Köchin und hat ihre Ausbildung in einem Fünf-Sterne-Hotel absolviert. Dass sich Tisch-Etikette und höfliches Verhalten auszahlen, davon ist sie überzeugt: "Das alles so gelernt zu haben, hat mir im Leben geholfen", meint sie. "Man hat gelernt, sich zu benehmen."
Das, was die Hauptschüler im Kurs gelernt haben, geht über das hinaus, was sie von ihren Eltern vermittelt bekommen. So war eine Schwierigkeit beim Smarties-Essen, dass die Gabel zum Messer bewegt wird, und nicht umgekehrt. "War schon schwer, aber es ging", meint Schüler Flamur Kabashaj über die ungewohnte Esstechnik. Der 13 Jahre alte Siebtklässler fand das Training gut und hilfreich. Später möchte er mal etwas im Büro und mit Computern machen, genau weiß er das aber noch nicht. Da können ihm diese Regeln aber nützlich sein, meint er.
Für seine Mitschülerin Ermira war auch vieles neu. Beispielsweise sei ihr nicht bewusst gewesen, dass man die Vorstellung mit "Ich heiße" beginnt, und nicht "Ich bin" sagt. Das Benimm-Training ist aus ihrer Sicht ein gutes Kontrastprogramm zum Alltag: "Wir reden ja draußen mit Freunden immer nur: Ja, Alter, wie geht’s?", erklärt sie mit einem Lächeln.
Auch Stefanie Noh, ihre Klassenlehrerin, glaubt, dass die Projektwoche sinnvoll ist: "Es geht um andere", meint die Pädagogin. Und dies fehle den Schülern, die häufig zu sehr auf sich selbst bezogen seien, manchmal.
Es macht Spaß
Brigitte Heppenheimer hat die Arbeit mit den Jugendlichen Spaß gemacht: "Das Vermitteln ist leicht", erzählt sie. Allerdings sei die Gruppe unruhig, weshalb sie viele Übungen eingebaut habe, damit "die Spannung" erhalten bleibe. Elitär findet sie die Benimm-Regeln nicht: "Das gehört einfach zum Alltag", sagt die Gernsheimerin. Das Ziel sei, Selbstsicherheit durch die Umgangsformen und Tischmanieren zu erlangen. Dabei solle man aber "locker und sich selbst treu bleiben".
Leider können diesen Kurs nicht mehr Schüler besuchen — für die Finanzierung fehlt das Geld. (tay)
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