Emanzipiert und eingesperrt
vom 07.11.2009
Oberstufen-AG präsentiert „Antigone“
Seit 1980 hat Brigitte Hofmeister-Zey 21 Stücke auf die Bühne gebracht.
Münster. «Ungeheuer ist viel, doch nichts ungeheurer als der Mensch.» Unter dieser 2400 Jahre alten Lebensweisheit präsentieren 17 Jugendliche an der Eichendorffschule jetzt das Stück «Antigone» von Sophokles. Und dass sie auch mit altem Stoff neue Blickwinkel schaffen können, beweisen sie ganz nebenher.
Proben in den Ferien
Seit 1980 inszeniert die ehemalige Deutsch- und Geschichtslehrerin Brigitte Hofmeister-Zey nun schon die «Bretter, die die Welt bedeuten». 21 Aufführungen hat sie seitdem mit ihrer Oberstufen-AG auf die Beine gestellt. Wer hier mitspielen möchte, muss schon echtes Engagement zeigen. Dass Schüler die Herbstferien für tägliche Proben opfern müssen, kann schon mal vorkommen – und Noten gibt es auch keine.
Julia Braun, die mit 16 Jahren zum ersten Mal dabei ist und schon gleich eine wichtige Rolle spielt, ist begeistert von ihrem Part. «Es ist toll, die Antigone zu spielen, weil sie in einer von Männern dominierten Welt so emanzipiert sein kann.» Da pflichtet ihr Regisseurin Brigitte Hofmeister-Zey bei: «Mit Antigone ist nicht gut Kirschen essen.» Deutlich wird die Rolle durch ihr Aufbegehren und ihre männliche Kleidung. Auch für ihren Gegenspieler Nikolas Kipp, der bereits zum vierten Mal eine Rolle übernahm und 2008 den Macbeth spielen durfte, ist das Stück eine ganz neue Herausforderung. «König Kreon ist so vielschichtig, dass ich das jetzt gar nicht in einem einzigen Satz sagen kann.»
Nicht nur die Charaktere sind komplex, auch die Handlung des Stücks ist nicht immer ganz einfach zu verstehen. Antigone, die Tochter des Ödipus, widersetzt sich dem Befehl des Königs Kreon und bestattet verbotener Weise ihren gefallenen Bruder Polyneikes. Dafür wird sie von Kreon lebendig in eine Felsenkammer eingeschlossen. Doch er revidiert seine Entscheidung, um so den Zorn der Götter abzuwenden. Da ist es schon zu spät und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Zunächst verwirrend erscheint nicht nur die altertümliche Sprache, auch der Umstand dass die Figuren des antiken Griechenland, japanische Kampfgewänder tragen, sorgt für einen ganz anderen Blick. Auch der Chor, der halb singend, halb sprechend den Handlungsverlauf zwischen zwei Episoden kommentiert, lässt nur entfernt an einen griechischen Senat denken. Stattdessen ähneln seine Mitglieder einer Gruppe von Kendo-Kämpfern. Die von Jutta Braun kunstvoll entworfenen Drahtmasken tragen einen weiteren wichtigen Aspekt zur Entfremdung bei. Martin Eichlers extra für dieses Stück komponierte Musik und Choreographien untermalen die Texte eindrucksvoll. Wer sich nur wenig in den griechischen Sagen auskennt, sollte sich nicht wundern, wenn er nicht alle Chorlieder versteht, das schauspielerische Können der Jungdarsteller macht diesen Umstand allerdings mehr als wett. mabi