Elterninitiative sieht kein Votum für Gymnasium                   

logo_presse_hk  vom 29.03.2012

Eine neue Gruppe interpretiert die Umfrageergebnisse als Zeichen für Gesamtschule mit G 9 — Beiratschefin vermisst Kommunikation

Die Auswertung ist Interpretationssache. Und hier haben sich jetzt zwei Lager gebildet. Den Kreispolitikern liegt nun ein ausführlicher Brief mit zusätzlichen Argumenten vor.

"G 9 in Fischbach und Gymnasium in Münster — Kelkheimer Grundschuleltern sind sich einig": Diesen Satz schickten die Elternvertreter nach einer Umfrage an den Grundschulen der Stadt einer Presseerklärung vorweg. Doch ganz so einig sind sich die Familien offensichtlich doch nicht. Jetzt hat sich eine weitere Gruppe von Eltern zu Wort gemeldet, "weil wir der Ansicht sind, dass die von den Schulelternbeiratsvorsitzenden veröffentlichte Stellungnahme die Realität nicht ganz trifft", teilen die Mütter Nadine Cromme, Andrea Rieß und Sigrid Vollert in einem aktuellen Schreiben an die Kreistagsfraktionen und Schuldezernent Wolfgang Kollmeier (CDU) mit.

Sie und ihre Mitstreiterinnen hegen "Zweifel an der Seriosität der Umfragen". So habe die Möglichkeit bestanden, mehrfach über das Internet abzustimmen. "Keiner kann wissen, ob nicht Eltern mit einem bestimmten Interesse, möglicherweise sogar abgesprochen, diese Möglichkeit genutzt und damit das Ergebnis verfälscht haben", heißt es in dem Schreiben. Man habe die Umfrage auch "fünf Mal ausfüllen" können, nennt Nadine Cromme nur ein Beispiel für das ihrer Meinung nach "nicht wirklich repräsentative" Ergebnis.

Eine Manipulation können die Initiatoren der Umfrage aus dem Elternbeirat der Eichendorffschule (EDS) nicht ausschließen, betonen sie gegenüber dem Kreisblatt. Allerdings seien die Antworten aus den Grundschulen mit den Jahrgangszahlen abgeglichen worden. Hier sei die Verteilung "sehr gleichmäßig" gewesen. Dass jemand bei einer solchen Umfrage bewusst manipuliere, davon sei der Elternbeirat wirklich nicht ausgegangen.

Die neue Initiative deutet aber vor allem die Resultate der Umfrage anders als die Beiräte. Diese hatten aus den Antworten der Gymnasialeltern den Wunsch herausgelesen, in Münster ein Gymnasium zu wollen. Die Zahlen sprechen für Nadine Cromme aber eine andere Sprache: Demnach bevorzugen 217 Umfrageteilnehmer eine Kooperative Gesamtschule (KGS) mit G 9, aber nur 179 ein Gymnasium als optimale Variante. Immerhin noch als "gut geeignet" stufen 130 Eltern die KGS und 172 das Gymnasium ein. Und darauf berufen sich die Elternbeiräte: Sie rechnen vor, dass insgesamt 82 Prozent dem Gymnasium positiv ("optimal" und "gut geeignet") gegenüberstehen, aber "nur" 74 Prozent der KGS mit G 9. Zudem gebe es 9 Prozent, die diese zweite Variante überhaupt nicht wollen, aber nur 5, die das Gymnasium kategorisch ablehnen, betont EDS-Elternbeiratsvorsitzende Martina Lenz. Die Albert-von-Reinach-Schule Fischbach hatte eine eigene Umfrage initiiert, wobei dort die Wahl eines reinen Gymnasiums nicht vorgesehen war.

In ihrem Brief spricht die neue Initiative auch das Problem an, dass viele Familien offensichtlich nicht ausreichend informiert seien. Es scheine den "wenigsten bewusst zu sein", dass die Rückkehr zu einer neunjährigen Gymnasialzeit G 9 nur mit einer Gesamtschule realisierbar ist", schreiben Nadine Cromme und ihre Kolleginnen. Auch habe "kaum jemand eine Vorstellung über das Konzept einer Integrierten Gesamtschule". Da sich aber fast 200 Eltern diese Lösung vorstellen können, "legt es nahe, die Variante nicht ganz auszublenden".

In der Erläuterung zur Umfrage sei sehr wohl erklärt worden, welche Unterschiede die Schulformen beinhalten, entgegnet dem Martina Lenz. Sie erklärt allerdings, dass sich das Meinungsbild nur auf die Grundschulen in Kelkheim beziehe. Eine Umfrage an der EDS soll nach den Osterferien starten.

Nadine Cromme hat längst mit vielen Eltern über das Thema gesprochen und vor allem den Wunsch nach G 9 herausgehört. Als sie dann von der Elternforderung nach einem Gymnasium in Münster gelesen habe, "war ich ziemlich schockiert, denn das spiegelt nicht das wider, was wir von den Eltern hören", sagt die Kelkheimerin.

Sie hofft nun, dass die Umfrage noch einmal "in Frage gestellt" und der "Elternwille geprüft" wird. Denn Nadine Cromme hat noch ein weiteres großes Problem der Kombination Gymnasium in Münster und KGS in Fischbach ausgemacht: Bei dieser Variante müssten die Real- und Hauptschüler nach Fischbach umziehen, dort wären dann bis zu 1000 Schüler, wo heute "nur" 500 Kinder und Jugendliche unterrichtet werden. Dies könnte dazu führen, "dass viele Kinder dort keinen Platz bekommen und weite Wege zu anderen Schulen auf sich nehmen müssen", schreiben die Eltern. Außerdem seien größere Investitionen in Zeiten knapper Kassen notwendig. Es sei überhaupt fraglich, ob der Platz ausreiche. Und mehr Verkehr nach Fischbach würde diese Version darüber hinaus verursachen.

Martina Lenz hat von EDS-Schulleiter Volker Stender-Mengel von rund 800 Schülern für Fischbach erfahren. "Das wird sich im Laufe der Jahre entwickeln", glaubt sie. Veränderungen müsse es geben. Im Moment sei der Raummangel eher in Münster akut. Insgesamt befürwortet sie, dass viele Eltern ihre Meinung zum Thema äußern. Dass aber die neue Gruppe vorher nicht mit ihr persönlich über die Vorwürfe gesprochen habe, findet sie schon "schade".

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