Eine Gesprächsrunde ohne Eltern
vom 29.02.2012
CDU setzt gemeinsam mit der FDP die gewünschte Podiumsdiskussion zur Schulsituation in der Möbelstadt durch
Die Debatte um die Eichendorffschule hat die Stadtverordnetenversammlung erreicht. Dort hat die Union gegen erheblichen Widerstand einen Erfolg verbuchen können.
Noch im vergangenen Jahr sah es so aus, als seien der Kommunalpolitik die großen Themen ausgegangen — die Stadtmitte ist gebaut, die B 8 (siehe Text unten auf der Seite) vom Tisch. Aber es gibt einen neuen großen Streit. Denn ausgesprochen heftig wurde die Diskussion im Parlament über die Zukunft der Eichendorffschule geführt. Nach Einschätzung von UKW und SPD ist bereits diese Debatte schädlich für die Schule. Demgegenüber erklärt vor allem die CDU, Kelkheim dürfe die Chance für mögliche Verbesserungen nicht einfach so verstreichen lassen.
Fest steht, dass die Stadt formal gar nichts zu entscheiden hat – über den Schulentwicklungsplan beschließt der Main-Taunus-Kreis. UKW-Mann Olaf Jahncke mahnte die Eltern aber zur Wachsamkeit, denn die Kelkheimer CDU habe durchaus einen gewissen Einfluss im Kreis. Andererseits glaubt UKW-Fraktionschef Albrecht Kündiger auch, dass etwa dem Schuldezernenten im Kreishaus, dem Kreisbeigeordneten Wolfgang Kollmeier (CDU), die Kelkheimer Debatte überhaupt nicht gelegen kommt.
Fest steht auch, dass die Diskussion weitergeht. Denn beschlossen wurde mit den Stimmen von CDU und FDP, dass der Magistrat bis spätestens Ende Juni eine Podiumsdiskussion zur Schulsituation veranstalten soll. Daran soll der Schuldezernent des Kreises teilnehmen, außerdem die Leiter der Eichendorffschule, eines Gymnasiums und einer integrierten Gesamtschule im Main-Taunus-Kreis sowie einer Kelkheimer Grundschule.
"Nicht der Staat, sondern die Eltern wissen, was das Beste für ihre Kinder ist", erklärte dazu der CDU-Parteivorsitzende Markus Bock. Der Elternwille müsse daher im Mittelpunkt jeder schulpolitischen Entscheidung stehen. Die Podiumsdiskussion sei ein Schritt dabei, diese Meinung zu bilden und zu ermitteln. "Wir wollen eine absolut ergebnisoffene Debatte", widersprach Bock der Vermutung, die CDU habe es auf die Einrichtung eines Gymnasiums abgesehen. Er machte aber gar keinen Hehl daraus, dass er sich ein solches gut vorstellen kann. Dies würde auch die Haupt- und Realschule aufwerten, so Bock.
Während die FDP ebenfalls die Bedeutung des Elternwillens betonte, glaubt die SPD auf der anderen Seite nicht, dass es den Christdemokraten darum geht. Das sei schon daran zu erkennen, dass keine Elternvertreter für das Podium vorgesehen seien, merkte die SPD-Stadtverordnete Katrin Wagner an. Die Eltern hätten sich schon 2003 gegen ein Gymnasium entschieden, die Union müsse das Thema nicht alle paar Jahre aufwärmen.
Demgegenüber erklärte Christiane Heßling (CDU), die Voraussetzungen hätten sich geändert, und die Eichendorffschule mit rund 1900 Schülern an zwei Standorten sei schon zu groß. Sie wusste von einer gewissen Unzufriedenheit in der Schülerschaft zu berichten, während die SPD argumentiert, der Zulauf zur Schule in Fischbach sei ein Hinweis auf die gute Arbeit, die dort gemacht werde.
Aber auch aus Sicht der UKW kommt die Debatte zur Unzeit: "Es gibt kein Schulproblem in Kelkheim", betonte Fraktionschef Albrecht Kündiger. Es gebe drei gymnasiale Standorte in der Stadt und rundum ausreichend reine Gymnasien. Die Eltern an den Grundschulen seien schon jetzt wieder weitreichend verunsichert. "Das ist das Schlimmste, was Sie einer Schule antun können", schimpfte Kündiger. Er plädierte für eine schnelle Entscheidung.
Wahrscheinlicher ist allerdings, dass so lange diskutiert wird, bis der Kreistag eine Entscheidung fällt. Es liefen oder laufen verschiedene Umfragen in der Elternschaft, um ein Meinungsbild zu ermitteln (wir berichteten) – fallen diese unterschiedlich aus, hat die Politik freie Hand. Auschlaggebend könnte sein, dass ein reines Gymnasium auf jeden Fall nach acht Jahren zum Abitur führen müsste, während es viele Eltern gibt, die sich eine Rückkehr zum System mit neun Schuljahren (G 9) wünschen. Das aber geht nur an der kooperativen Gesamtschule. Eine integrierte Gesamtschule steht in Kelkheim offenbar nicht zur Debatte.
(Manfred Becht)