"Ein harter Schnitt wäre fatal"

logo_presse_fr vom 16.11.2012

Anfang des Jahres löste der CDU-Vorschlag, die Eichendorffschule in ein Gymnasium umzuwandeln, Debatten aus. Schuldirektor Volker Stender-Mengel und sein Vorgänger Horst Ackermann sprechen im FR-Interview über die Zukunft der kooperativen Gesamtschule.

In Wirtschaftsunternehmen gibt es oft ein intensives Gerangel zwischen aktuellen und ehemaligen Führungskräften. Bei Schulleitern ist das offenbar nicht so – zumindest an der Kelkheimer Eichendorffschule. Zum gemeinsamen Interview waren sowohl der derzeitige Schulleiter Volker Stender-Mengel als auch sein Vorgänger Horst Ackermann sofort bereit. Auch inhaltlich sind sie sich fast in allen Punkten einig — auch, was die geplante Trennung der beiden Standorte in Münster und Fischbach in zwei eigenständige Schulen angeht.

SM-Ak Interview 2012

40-jähriges Bestehen und eine heftige Debatte um die Zukunft — die Eichendorffschule hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Wie haben Sie das als Schulleiter erlebt, Herr Stender-Mengel?

Volker Stender-Mengel: Es gab ja zumindest keine zeitliche Überschneidung. Das Jubiläum hat erst mit dem aktuellen Schuljahr begonnen und die Debatte über die Umwandlung in ein Gymnasium war vor den Sommerferien beendet. Sie hat natürlich für viel Unruhe gesorgt.

Wie hat die sich ausgewirkt?

Stender-Mengel: Wir waren schon eine Weile mit dem Kreis in guten Gesprächen. Zwischendurch schien es dann aber so, als ob die Kelkheimer CDU mit ihrer Forderung nach einem Gymnasium das Ruder herumreißen könnte. Da mussten wir reagieren und deutlich machen, was die Schule will.

Nun bleibt es bei der kooperativen Gesamtschule, die beiden Standorte in Münster und Fischbach sollen aber wieder zu eigenständigen Schulen werden. Sind Sie damit zufrieden?

Stender-Mengel: Ja. Das ist genau das Ergebnis, das wir gewollt haben. Natürlich ist die Trennung kein Selbstläufer.

Was kommt auf Schüler, Eltern und Lehrer zu?

Stender-Mengel: In Münster wird sich nicht viel ändern. Aber auch in Fischbach wollen wir Kontinuität wahren. Das heißt: Wir werden erst einmal am musikalischen Schwerpunkt und Angeboten wie der Skifreizeit festhalten. Ein harter Schnitt wäre fatal. Die künftige Schulgemeinde soll dann selbst entscheiden, was sie verändern möchte.

Herr Ackermann, Sie waren seinerzeit dafür zuständig, die beiden Standorte zusammenzuführen. Blutet Ihnen da jetzt nicht das Herz?

Horst Ackermann: Nein. Natürlich hängt das Herz da noch ein wenig dran. Doch durch die Größe der beiden Standorte ist die erneute Trennung unausweichlich. Unter dem Dach einer einzigen Schule hätte das Ganze nur funktioniert, wenn das Kultusministerium für Fischbach zusätzliche Stellen in der Schulleitung und entsprechende Verwaltungsstunden genehmigt hätte. Das ist aber nicht geschehen. Das Lob für die gute Entwicklung in Fischbach gebührt übrigens vor allem meinem Kollegen Olaf Bogusch, der die Aufgabe der Standortleitung übernahm.

Sie hatten auch zuvor schon eine Zusammenlegung miterlebt — die von Eichendorffschule und der Immanuel Kant-Oberstufenschule (IKS). Was war komplizierter?

Ackermann: Die Zusammenlegung mit der IKS war einfacher. Der Beschluss dazu war hingegen schwieriger, da die IKS selbstständig bleiben wollte. Aus Sicht der Lehrer war es zwar verständlich, aber mit Blick auf das Gesamte nicht.

Sie sind nicht nur ehemaliger Schulleiter, sondern sitzen für die SPD auch im Kreisausschuss. Wie beurteilen Sie als Politiker die Pläne für die Zukunft der Eichendorffschule?

Ackermann: Wir haben in der Schulkommission gerade über den neuen Schulentwicklungsplan beraten — allerdings in nichtöffentlicher Sitzung. Außerdem gibt es noch kein Votum der SPD-Fraktion. Deshalb nur so viel: Ich sehe die Schulsituation in Kelkheim auf einem sehr guten Weg. Und vor allem bin ich sehr angetan von der ruhigen, überlegten Art, mit der Schuldezernent Wolfgang Kollmeier das Thema behandelt.

Stender-Mengel: Da schließe ich mich an.

Wie geht es jetzt weiter? Gibt es einen Zeitplan?

Stender-Mengel: Wenn der Kreis den Schulentwicklungsplan beschlossen hat, geht er an das Kultusministerium. Das wird wohl erst im nächsten Jahr darüber entscheiden. Wir gehen aber davon aus, dass die Trennung der beiden Schulen kommen wird. Dann würde zum 1. August 2013 zunächst eine kommissarische Schulleitung eingesetzt. Die wird wohl aus Lehrern des jetzigen Kollegiums bestehen. Eine richtige neue Schulleitung ist erst ab 2014 möglich.

Bei der Diskussion um die Zukunft der Eichendorffschule war auch die Frage nach G8 oder G9 ein wichtiges Thema. Gibt es schon Vorstöße in diese Richtung?

Stender-Mengel: Forcierte Anstrengungen für G9 kommen vor allem von Eltern an der Fischbacher Grundschule. Auch im Fischbacher Kollegium gibt es eine Tendenz zu G9. Die hessische Politik hat zwar signalisiert, dass bald alles möglich sein soll. Doch im Einzelfall stellt sich das natürlich komplizierter dar.

Wieso?
Stender-Mengel: G9 kann es erst geben, wenn die Schule eigenständig ist. Wir als Eichendorffschule können das noch nicht anleiern, das ist Sache der künftigen Gremien in Fischbach. Also könnte das Ganze frühestens im Schuljahr 2014/15 beginnen. Zudem muss die Umstellung auf G9 ja auch mit Inhalt gefüllt werden. Da stellen sich Fragen wie: Wann beginnt man zum Beispiel mit der zweiten Fremdsprache? Außerdem muss der geplante Schulverbund zwischen Fischbach und Münster berücksichtigt werden.

Was heißt das?

Stender-Mengel: Die Gymnasiasten aus Fischbach haben dann das Recht, die Oberstufe in Münster zu besuchen. Bei G8 in Münster und G9 in Fischbach hätten wir immer Doppeljahrgänge, das heißt, es kommen ältere Schüler aus Fischbach und jüngere aus Münster zusammen. Was nicht gerade günstig ist. Denn es bedeutet zum Teil drei Jahre Altersunterschied.

G9 in Münster schließen Sie aus?

Stender-Mengel: Das ergibt sich schon aus der Raumsituation. Der Platz ist hier so begrenzt, dass wir einen zusätzlichen Jahrgang nicht schultern können. Denn dafür bräuchten wir vier zusätzliche Klassenräume und die haben wir nicht. Ganz davon abgesehen wurde das Thema bisher von der Elternschaft in Münster auch nicht vorangetrieben.

Zum Abschluss noch ein ganz anderes Thema: Bedeutet der Abschied von Brigitte Hofmeister-Zey das endgültige Aus für die Theater AG?

Stender-Mengel: Ich hoffe nicht. Sie hat mit ihren Inszenierungen sicherlich Maßstäbe gesetzt und damit weit über die Schule hinaus Aufmerksamkeit erregt. Aber wir haben auch weiterhin Theaterarbeit an der Schule, etwa durch jüngere Lehrkräfte, die in Darstellendem Spiel ausgebildet sind. Das sind natürlich eher schulinterne Aktivitäten. Außerdem ist Brigitte Hofmeister-Zey ja nicht völlig aus der Welt und hat uns auch schon ihre Unterstützung zugesagt.

Das Interview führte Thorsten Weigelt.