Berufsbildungsmesse für Jugendliche kommt

logo_presse_hk vom 08.03.2013

Löcher bohren, Reifen wechseln, Babys wickeln, Cremes kredenzen, Texte schreiben - schon die Orientierungstage sollen den Schülern helfen

Zum vierten Mal durchlaufen rund 100 junge Leute die zehn Stationen. Sie sollen ihnen den Einstieg in die Arbeitswelt und die Suche nach einem Praktikumsplatz erleichtern.

Fachmännisch setzt Sergej die Bohrmaschine auf dem großen Holzbrett an. Ein wenig Platz ist noch zwischen den vielen anderen Löchern. Betreuerin Daniela Dankert drückt gegen das Brett - so kann der 15-Jährige sein "Hindernis" ruckzuck durchbohren. Danach ist es Pflicht, die Späne noch aufzukehren, heißt es in der kurzen Anleitung, die nebendran auf der Werkbank liegt. Eigentlich keine schwere Aufgabe - aber schon allein beim Umgang mit der Bohrmaschine können junge Leute wie Sergej sehen, ob ihnen ein technischer Beruf liegen würde. Der Schüler der R8b an der Fischbacher Eichendorffschule tendiert auf jeden Fall in diese Richtung - nachdem er zuvor im Jugendtreff schon einen Fahrradschlauch erfolgreich gewechselt hat. Babys wickeln - die nächste Station in diesem Parcours- sei seine Sache dagegen nicht, gibt der Schüler zu.


Eine Rarität im Kreis

Bereits zum vierten Mal bietet die städtische Jugendarbeit gemeinsam mit der Schulsozialarbeit der Eichendorffschule und der mobilen Jugendberatung für junge Menschen die Berufsorientierungstage an. Noch 2012 hieß das "Berufeparcours" - doch dieser Name sei geschützt und dürfe nicht mehr verwendet werden, berichtet Petra Bliedtner von der Jugendarbeit. So oder so: Das Projekt unter Federführung der Stadt ist selten im Main-Taunus-Kreis und wird demnächst um einen weiteren großen Baustein bereichert: Am 22.November soll es erstmals in Kelkheim eine große Berufsbildungsmesse in der Stadthalle geben, kündigt Petra Bliedtner an. Darüber hat sie sich mit Kollegen bei ähnlichen Angeboten etwa in Rodgau oder Frankfurt informiert - und festgestellt: "Es gibt Berufsfelder, da habe ich noch nie etwas von gehört." Die Messe ist eine Rarität im Kreis und soll nach Wünschen der Stadt umfassend werden. Interessierte Betriebe könnten sich noch melden, sehr gerne auch Mittelständler wie Schreiner oder Bäcker. Wichtig sei, dass die Schüler bei der Messe etwas sehen und ausprobieren können, betont Petra Bliedtner.

Für den Alltag

Einige der rund 100 Schüler aus den Klassen H7 und R8 der Eichendorffschule sind sicher wieder mit von der Partie. Sie haben jetzt die Berufsorientierungstage für einen ersten Überblick genutzt. Für Schüler wie Sergej sind solche Angebote gut: "Ich denke schon früh darüber nach, was ich später mache." Aber genaue Vorstellungen hat er eben noch nicht. Im Gegensatz zu Jana, die Journalistin werden möchte. "Ich will auf jeden Fall schreiben und gerne Kolumnistin werden", sagt die 15-Jährige. Die Orientierungstage findet sie trotzdem gut, "damit man sieht, welche Alternativen es gibt", sagt die Realschülerin. "Es ist auf jeden Fall eine schöne Erfahrung." Da geht es Can ganz ähnlich. Er möchte Geschichte studieren, aber "manches kann man auch für den Alltag gebrauchen", sagt der 14-Jährige - und meint zum Beispiel die Fahrrad-Reparatur oder die Bohrversuche.

Für mögliche Kaufleute gibt es drei Stationen. Unter anderem gilt es, für eine Kita-Gruppe eine Großbestellung abzugeben. Auch Erster Stadtrat Dirk Westedt kniffelt gerne an dieser Aufgabe. Er weiß aus eigener Erfahrung in der Familie, dass viele Jugendliche heute "noch nicht so ganz konkrete Vorstellungen" in Sachen Berufswahl haben. Da seien die Orientierungstage eine gute Gelegenheit, in viele Bereiche reinzuschnuppern, findet Westedt. Zumal es im Anschluss an die Stationen Einzelgespräche mit den jeweiligen Betreuern gibt. Die Resonanz fällt positiv aus: Die meisten Schüler loben die Aktivitäten - viele können sich zwischen den Berufsfeldern technisch, kaufmännisch sowie hauswirtschaftlich/pflegerisch aber noch nicht entscheiden. Christina Nisch von der Schulsozialarbeit findet die Vernetzung der drei Anbieter "eine tolle Geschichte" - und Arbeitslehre-Lehrerin Marianne Heimbring sieht eine gute Ergänzung zur Theorie in der Schule.

Für die Stadt als Initiator hat es einen weiteren wichtigen Vorteil: "Das sind unsere Jugendlichen, die wir in Kelkheim treffen", betont Petra Bliedtner. Was liegt also näher, sie über solche Aktionen für die Jugendtreffs zu begeistern und die Betreuer schon einmal kennenzulernen. "Und uns liegt das ganze Thema ja auch sehr am Herzen", macht die Jugendpflegerin deutlich. Das unterstreicht ein regelmäßiges städtisches Angebot: Alle zwei Wochen bietet Omar Lahyani montags von 15 bis 17 Uhr im Jugendtreff Kelkheim-Mitte ein Bewerbungs- und Präsentationstraining für junge Leute an. Wer vorbeischauen will, ist willkommen.

Neue PCs und Programme

Um die Möglichkeiten zu verbessern, erhält der Medienraum im Jugendtreff neue Computer und aktuelle Programme. Auch das Aufnahmestudio werde "besser bestückt", freut sich Petra Bliedtner. Dann ist zum Beispiel ein Musikprojekt mit der englischen Partnerstadt High Wycombe geplant. Das Gesamtpaket mit Modernisierung und Orientierungstagen wird von der Alcoa Foundation unterstützt. 

(wein)