Er lebt Integration
vom 21.07.2016
Frankfurter Bürgerpreis für Murtaza Hosseini (15)
Oberbürgermeister Peter Feldmann überreichte dem jungen Kelkheimer die Auszeichnung in der Kategorie „U 21“. Seine Aktivitäten in der Flüchtlingshilfe ruhen auch in den Ferien nicht.
Vergangene Woche war Murtaza Hosseini in Frankfurt unterwegs, aber nicht, um den Kelkheimer Flüchtlingen als Helfer die Stadt zu zeigen. Diesmal durfte 15-Jährige selbst im Mittelpunkt stehen. Im Kaisersaal des Römers erhielt er von Oberbürgermeister Peter Feldmann den Frankfurter Bürgerpreis, der jedes Jahr von der Stadt und der Stiftung der Frankfurter Sparkasse verliehen wird. Murtaza machte das Rennen in der Kategorie „U 21“ und durfte sich neben einer Urkunde über 500 Euro freuen. 15 ehrenamtlich tätige Menschen und Vereine erhielten einen Preis. Das Motto lautete: „Deutschland 2016 — Integration gemeinsam leben!“
Eine Verwendung für das Geld habe er noch nicht, sagt der junge Hornauer, als ihm das Kreisblatt gratuliert. Vor allem habe er sich aber über die Wertschätzung seines Engagements gefreut, sagt der Jugendliche. Er sei überrascht gewesen, als der Oberbürgermeister seine ehrenamtlichen Aktivitäten aufzählte. Das habe er gar nicht mehr so in Erinnerung, sei aber sehr interessant gewesen. Nun ist Murtaza automatisch für den Deutschen Bürgerpreis nominiert.
Große Ehre für einen jungen Kelkheimer: Oberbürgermeister Peter Feldmann
gratuliert Murtaza Hosseini im Kaisersaal zum Bürgerpreis.
Wenn er in diesem Eiltempo weitermacht, dann dürfte der Eichendorffschüler, der jetzt von der G 9 in die E-Phase kommt, selbst bundesweit gute Karten haben. Als das Kreisblatt ihn am Telefon erwischt, ist er wieder mit Flüchtlingen unterwegs, um mit ihnen Schulsachen zu kaufen. Dann ist er derzeit bei den Ferienspielen der Stadt als Betreuer aktiv und Ansprechpartner für die Menschen aus Syrien oder Afghanistan, deren Sprache Dari er spricht. Und eine Englisch-Sprachreise nach Malta ist dann noch drin für den jungen Mann, der auch Deutsch, Französisch und Spanisch fließend spricht.
Murtazas vorbildliche Integration und seine ehrenamtliche Karriere in der Kelkheimer Flüchtlingshilfe — das alles war vor acht Jahren noch ganz weit weg. Mit seiner Mutter und den drei Geschwistern flüchtete er aus der Heimat Afghanistan nach Deutschland. Es habe sogar einen Anschlag auf das Haus gegeben, erinnert er sich. Über die Erstaufnahme in Gießen kamen die Hosseinis in die Unterkunft in Ruppertshain. Murtaza ging in die erste Klasse der Rossert-Schule, spezielle Deutsch-Kurse gab es damals noch nicht. Er habe aber die damals fremde Sprache schnell gelernt — etwa über die Hausaufgabenbetreuung und die Spiele, die dort gespielt wurden. So sei es ihm nicht allzu schwer gefallen, Deutsch in einem guten halben Jahr zu lernen. Nur die Integration unter den Mitschülern sei anfangs wegen der Sprachbarrieren nicht ganz so leicht gewesen, sagt er.
Längst ist Murtaza zu einem Musterschüler geworden, mit einem Notenschnitt von 1,3. Er habe ihn trotz seiner ehrenamtlichen Aktivitäten halten können, freut er sich. Denn schon mit 13 Jahren machte er bei der Flüchtlingshilfe mit, nachdem er bei Initiatorin Mafalda Pinto-Schneider angeklopft hatte. Er geht mit den Menschen zu Ärzten, zum Arbeitsamt, zur Ausländerbehörde, zum Einkaufen — und sogar bei den Schulgesprächen ist Murtaza als Übersetzer dabei. Da werde er vom Schulelternbeirat oder den Lehrern angefragt, freut er sich über die Wertschätzung für einen 15-Jährigen. „Die Kommunikation ist sehr, sehr schwierig. Aber am Ende schaut man in zufriedene Gesichter der Lehrer und der Flüchtlinge.“
Dass ihn die Eichendorffschule und die Frankfurter Sparkasse für den Bürgerpreis vorgeschlagen haben, freut ihn. Als aber die frohe Kunde vom Gewinn eintraf, habe er dennoch erstmal an einen „Scherz“ gedacht. Diese Überraschung ist längst dem Stolz gewichen. Murtazas Geschichte ist das beste Beispiel dafür, welche Früchte eine gute Integration motivierter Menschen tragen kann.Zum Kreisblatt hat er als Begründung für sein Engagement mal den Satz gesagt: „Ich bin doch selbst Flüchtling gewesen.“
(wein)